Auswahl und Praxis­tipps

Die Anschaffung eines Rettungsgeräts wirft viele Fragen auf. Unsere FAQs können hoffentlich dazu beitragen, etwas mehr Klarheit in vielen Punkten zu schaffen und dann die richtige Wahl für das passende Rettungsgerät zu treffen.

FAQs zu Auswahlkriterien

Je nach Einsatzzweck (Gleitschirm, Drachen, Motorschirm, Trike, Hike & Fly usw.) bietet unsere riesige Produktpalette für jeden Piloten und Geldbeutel das richtige Modell in der richtigen Größe.

Ein Rettungssystem ist als langfristiges Investitionsgut zu sehen, das man sich in 12 Jahren nur einmal kauft. Im Fall des Falles ist es die letzte Chance, Dein Leben zu retten.

Aus diesen Gründen legen wir Jedem ans Herz, sich am technischen Optimum bei der Geräteauswahl zu orientieren. Ein eventueller Mehrpreis sollte im Interesse der eigenen Sicherheit nur eine untergeordnete Rolle spielen, da es sich – auf 10 Jahre verteilt – effektiv nur um wenige Cent pro Monat handelt!

Die Antwort hierauf ist unter Rund- und Kreuzkappen zu finden.

"Im Zweifelsfall eine Nummer größer als notwendig" ist bei independence-Rettungsgeräten seit jeher unnötig.

All unsere Rettungssysteme sind so ausgelegt, dass die Geräte bei geringen Sinkraten problemlos bis zur maximal zulässigen Anhängelast sicher zu benutzen sind.

Speziell bei den Kreuzkappensystemen empfehlen wir sogar, dass die maximale Anhängelast weitgehend ausgenutzt wird. Die Leistungsdaten sind bei diesen Geräten so gut, dass wenn die Anhängelast nicht ausgenutzt wird, die Sinkrate eher zu gering und die Airtime bei einer Benutzung zu groß wird (siehe „Wie kann ich die Angaben der Sinkgeschwindigkeit mir besser vorstellen?“).

Ja und Nein! Wenn ein Rettungssystem lediglich eine LTF-Zulassung besitzt und unter Ausnutzung der maximal zulässigen Sinkrate von 6,8 m/s zugelassen wurde, ist das sehr sinnvoll!

Jedoch haben nach EN12491 zugelassene Geräte bereits eine deutlich reduzierte maximale Sinkgeschwindigkeit von nur 5,5 m/s. Hier wurde diese Empfehlung durch die geringere maximale Sinkgeschwindigkeit abgedeckt – ein weiterer Abzug ist nicht nötig.

Speziell die independence-Kreuzkappensysteme unterschreiten diesen verschärften Normwert von 5,5 m/s nochmals deutlich (siehe „Wie kann ich mir die Angaben der Sinkgeschwindigkeit besser vorstellen?“)!

Ein nochmaliges, deutliches unterschreiten der Zuladung würde ein zu geringes Sinken ergeben, wo man Gefahr läuft bereits in moderater Thermik zu steigen!

Bei Rettungsfallschirmen sind je nach Bauvorschrift 2 verschiedene Sinkgeschwindigkeiten zulässig. Gemäß LTF sind dies 6,8 m/s und nach der strengeren EN12491 nur 5,5 m/s.
Jedoch haben die wenigsten von uns Vorstellung, welche Sprunghöhe das jeweils bedeutet!

Es gibt eine einfache Faustformel zur Umrechnung von der Sinkgeschwindigkeit in m/s zu einer fiktiven Absprunghöhe: (v * v) / 2

Daraus ergeben sich folgende Sprunghöhen:

Sinkrate Sprunghöhe Bemerkung
10 m/s 5,00 m
6,8 m/s 2,31 m = LTF Grenzwert (entspricht 24,5 km/h)
5,5 m/s 1,51 m = EN Grenzwert
5,0 m/s 1,25 m = typische Werte bei max. Zuladung Ultra Cross, Evo Cross, NG
4,5 m/s 1,01 m
3,0 m/s 0,45 m

Das allerwichtigste Kriterium für Rettungssysteme ist eine geringe Öffnungszeit!
Uns wird fast ausschließlich von Rettungsöffnungen in sehr geringer Höhe (deutlich unter 100 m) berichtet. Meistens vergehen nur wenige Sekunden von der Aktivierung bis zum Bodenkontakt.

Das zweitwichtigste Kriterium ist die Pendelstabilität!
Wenn ein Rettungssystem während der Sinkphase pendelt, schwankt die effektive Sinkgeschwindigkeit sehr stark. Zudem können sich beim Auftreffen auf den Boden im ungünstigen Fall Sinkgeschwindigkeit und die Geschwindigkeit des horizontalen Pendelns addieren. Dies kann zu Auftreffgeschwindigkeiten im Extremfall von weit über 10 m/s führen, obwohl die reine Sinkgeschwindigkeit beispielsweise nur 5 m/s beträgt!

Das drittwichtigste Kriterium ist die Sinkrate!
Je geringer die Vertikalgeschwindigkeit ist, desto geringer fällt auch die Scherenstellung zwischen Rettungssystem und Gleitschirm aus. Der Gleitschirm kann dann durch die geringe Sinkrate nämlich nicht mehr so viel Auftrieb zur Seite entwickeln und eine Scherenstellung verursachen.

Eine Umrüstung ist durch den Austausch der Verbindungsleine jederzeit möglich. Allerdings ist dies mit Kosten verbunden, die sich wirtschaftlich nur bei neueren Rettungssystemen lohnen.

Für Drachenpiloten empfehlen wir je nach Abflugmasse entweder den Annular EVO 22 oder Annular EVO 24 als Drachenversion, in die ein Rotor eingebaut ist. Dieses Rettungsgerät stellt aus unserer Sicht für Drachenpiloten den optimalen Kompromiss aus Performance, Gewicht und Preis dar.

Nein. Die Rettungssysteme unterscheiden sich zwar „nur“ in der Länge der Verbindungsleine, jedoch ist beim Drachenfliegen eine lange Verbindungsleine erforderlich. Diese Länge sollte die Halbspannweite des Drachen nicht unterschreiten, um Beschädigungen des Rettungssystems durch den Drachenflügel zu vermeiden.

Gleitschirmsysteme hingegen haben, um die Öffnungszeit zu minimieren, eine sehr kurze Verbindungsleine. Eine temporäre Verlängerung der Verbindungsleine ist nicht empfehlenswert, da dies mit einem relativ großen Aufwand verbunden wäre.

Neben dem Einsetzen eines Verlängerungsstückes wäre zudem ein zeitaufwendiges Umpacken von Gleitschirm- zum Drachengurtzeug und zurück notwendig.

Generell empfehlen wir den Einbau eines Rotors! Die häufigste Ursache für eine Rettungssystem-Aktivierung beim Drachen ist ein Gerätebruch. Als Folge davon ist sehr häufig ein rotierender Drachen, der je nach Rotationsgeschwindigkeit und verbleibender Resthöhe die Fallschirmkappe zudrehen kann. Ein Rotor verhindert dies wirkungsvoll.

Mittlerweile verwenden wir seit vielen Jahren anstelle eines 35 mm breiten Verbindungsleine aus Gurtband ein deutlich leichteres und nochmals deutlich festeres Dyneema Seil.

Da der Rotor für ein breites Gurtband ausgelegt ist kann es mit dem Dyneema Seil nicht mehr verwendet werden.

Wir haben deshalb einen Rotor für speziell für das Dyneema Seil entwickelt.

Die Gewichtsersparnis bei höherer Festigkeit ist beeindruckend: Wog die frühere Gurt Verbindungsleine mit Rotor noch über 520 Gramm so wiegt die Dyneema Verbindungsleine mit Rotor nur noch 240 Gramm.

FAQs zur Anwendung

Die Engländer sagen: „if you are in doubt – throw it out“. Das ist erst mal der wichtigste Grundsatz!

Wenn eine Situation ungut ausschaut und man nicht mehr viel Höhe hat, sollte der Entschluss, das Rettungssystem zu aktivieren, nicht mehr hinausgezögert und sofort umgesetzt werden. Ist dieser Entschluss gefasst, muss das Rettungsgerät mit Schwung und keinesfalls zögerlich in den freien Luftraum geschleudert werden.

Wichtig ist, sich in geringer Höhe auf jeden Fall zuerst im Gurtzeug aufzurichten und den Blick auf den Boden zu werfen. Nur, wenn man noch genug Zeit und Höhe hat, kann man dann versuchen, den Gleitschirm möglichst über das symmetrische Ziehen der C-Tragegurte fluguntauglich zu machen.

Ja! Konstruktiv haben wir im Zehntelsekundenbereich alles getan, um die Öffnungszeit positiv zu beeinflussen. Jedoch hat der Pilot durch entschlossenes, richtiges Werfen des Rettungssystems sehr viel Einfluss auf die Öffnungszeit. Dies kann unter Umständen bis zu mehreren Sekunden betragen!

Optimalerweise wird das Rettungsgerät mit viel Schwung vom Piloten in den freien, entgegen der Flugrichtung liegenden Luftraum, geworfen. Dadurch kann sich das System schnell strecken und liegt im freien Luftstrom.
In Drehbewegungen sollte versucht werden den Rettungsschirm so zu werfen, dass nach einer vollständigen Drehung das Rettungssystem nicht vom Gleitschirm erfasst wird (Retterfraß).
Zögerliches Werfen, fallenlassen, werfen in die falsche Richtung oder werfen in ein Hindernis kann die Öffnung stark verzögern oder sogar verhindern.

Nein! In über 90% der uns bekannten Fälle wäre ein Abtrennen aufgrund der geringen Höhe zeitlich sowieso nicht mehr möglich. Wenn genug Zeit und Höhe verbleiben, ist es von Vorteil, den Gleitschirm durch symmetrisches ziehen beider C-Tragegurte in einen stabilen Zustand zu bringen.

Wie in der Betriebsanleitung beschrieben, muss das Rettungsgerät spätestens alle 12 Monate gelüftet und neu gepackt werden. Sollte das Rettungsgerät feucht geworden oder ein anderer Umstand eingetreten sein, der die Betriebstüchtigkeit beeinflussen kann, muss das Rettungsgerät in jedem Fall gelüftet und neu gepackt werden.

Kann man! Alle unsere Rettungssysteme werden mit einer detaillierten Betriebsanleitung ausgeliefert, die es ermöglicht, das Gerät selbst zu packen.
Allerdings: Bitte nur selber packen wenn man es wirklich kann. Wir bekommen regelmäßig von sogenannten „Selbstpackern“ Rettungssysteme zu sehen, die mit Sicherheit nicht oder nur sehr verzögert geöffnet hätten.

Nein! Die in den Betriebsanleitungen gezeigte Packmethode ist die optimale Packmethode, um eine schnelle Öffnung zu gewährleisten. Diese Packweise hat sich in vielen Versuchen bewährt und wurde bei der Musterprüfung angewendet.

Beim Packen dürfen nur von uns freigegebene Gummiringe verwendet werden, um eine optimale Funktion und Haltbarkeit zu gewährleisten. Wir haben festgestellt, dass Gummiring leider nicht Gummiring ist und es große Qualitätsunterschiede gibt. Der Bezug dieser Gummiringe ist zum Beispiel kostengünstig in unserem Shop möglich.

Ja. Alle 24 Monate ist eine komplette Sichtkontrolle aller Bauteile vorgeschrieben. Die Sichtkontrolle muss von einer sachkundigen Person durchgeführt und bestätigt werden. Es ist nicht zwingend, dass diese Überprüfung bei uns durchgeführt wird.

Die Erstkombination von Gurtzeug und Rettungssystem muss von einer sachkundigen Person durchgeführt werden (Kompatibilitätsprüfung) und ist im Pack- und Prüfnachweis des Rettungsgerätes zu bestätigen. In der Regel erfolgen Einbau und Kompatibilitätsprüfung beim Fachhändler.

Es gibt Vor- und Nachteile für beide Möglichkeiten! Wenn die Verbindung richtig ausgeführt wurde, sind beide Arten der Verbindung möglich und technisch gleichwertig.

Bei Sicherheitstrainings wird allerdings immer öfter verlangt, dass ein Verbindungsglied verwendet wird, um in einer Notsituation im Wasser den Rettungsschirm schnell und beschädigungsfrei vom Gurtzeug lösen zu können. Bei der Verwendung eines Verbindungsglieds muss auf eine Mindestfestigkeit von 2.400 daN geachtet werden. Dies ist zum Beispiel bei einem ovalen Maillon Rapide Verbindungsglied der Größe 7 der Fall.

Achtung: es gibt sehr große Festigkeitsunterschiede zwischen zertifizierten Verbindungsgliedern (z.B. Maillon Rapide) und Baumarktware. Flugkarabiner o.ä. sind aufgrund des Verschlussmechanismus nicht zu empfehlen.

Die Betriebsdauer beträgt bei independence Rettungssystemen – wie allgemein üblich – 10 Jahre. Durch eine jährliche Nachprüfung kann die Betriebsdauer in der Regel auf bis zu 12 Jahre verlängert werden.

Bei der Musterprüfung wird dasselbe Rettungssystem 2-mal innerhalb der zulässigen Betriebsgrenzen (max. Auslösegeschwindigkeit und max. Anhängelast) auf Bruch getestet. Diese extremen Belastungen sind nicht mit einem „normalen“ Gebrauch zu vergleichen, da hier in der Regel nur ein Bruchteil der Belastungen auftritt. Daher ist ein Rettungssystem problemlos mehrfach verwendbar. Allerdings muss nach einer Not- oder Testöffnung das Rettungssystem komplett überprüft werden (siehe: Was ist nach einer Test- oder Notöffnung zu beachten?).

Selbstverständlich! Hierzu muss allerdings die Betriebsanleitung des Gurtzeuges beachtet werden.

Das Rettungsgerät sollte trocken und bei Raumtemperatur gelagert werden. Es ist in jedem Fall vor UV-Strahlung zu schützen.

Ganz wichtig ist, dass das Rettungsgerät niemals in der Sonne getrocknet wird! Am besten wird es am Scheitel in einem sauberen, gut belüfteten Raum so lange aufgehängt, bis auch die Leinen vollständig durchgetrocknet sind.

Ist das Rettungsgerät durch eine Landung im Meer mit Salzwasser in Kontakt gekommen, muss es schnellstmöglich mit sehr viel Süßwasser gespült werden. Für eine weitere Verwendung des Rettungsgerätes muss sichergestellt sein, dass auch letzte Salzreste entfernt sind, da bei einem eventuellen Verbleib im Gewebe die harten Salzkristalle eine mechanische Beschädigung und damit eine Schwächung des kompletten Systems darstellen.

Ein Rettungsgerät wird in der Regel nicht bei einer Öffnung, sondern am Boden beschädigt! Dies kann nach einer Notöffnung leicht bei der Bergung durch Hängenbleiben (Baum, Fels, spitze Gegenstände) geschehen. Auch sollte man bei Turnhallentrainings aufpassen, dass das Rettungsgerät nirgends hängen bleibt und beschädigt wird.
Ist das Rettungsgerät beschädigt, muss es beim Hersteller sachgerecht repariert werden.